Stellungnahme zu den Änderungsanträgen zum geplanten Covid-19-Schutzgesetz

Das Müttergenesungswerk fordert die Verlängerung der Corona-Hilfen bis zum 7. April 2023.

Seit dem 01. Juli 2022 erhalten die Kliniken für stationäre medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen im Verbund des Müttergenesungswerks keinerlei wirtschaftliche Unterstützung durch die Krankenkassen mehr, um die weiterhin bestehenden coronabedingten wirtschaftlichen Belastungen auszugleichen.

Im Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19 vom 1. Juli 2022 war auch für den kommenden Winter, ab 23. September 2022, keine weiteren Regelungen für die wirtschaftliche Unterstützung der medizinischen Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen im Müttergenesungswerk geplant.

In dem Änderungsantrag (Stand 17. August 2022) Nr. 6 ist vorgesehen, die §§ 111 und 111c SGB V wieder aufzunehmen. Zur wirtschaftlichen Unterstützung der Kliniken soll es aber nur kommen, wenn eine epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt wurde. Aber davon ist nicht auszugehen, zumal diese erst im letzten Winter trotz hoher Fallzahlen aufgehoben wurde.  

Um den wirtschaftlichen Betrieb der Kliniken in den weiterhin coronabedingt belasteten Zeiten sicherzustellen, braucht es jetzt und unabhängig vom Vorliegen einer festgestellten epidemischen Lage eine Fristverlängerung in den §§ 111 und 111c SGB V bis zum 7. April 2023.

 

Begründung:

Für die Kliniken im Verbund des Müttergenesungswerks sind die Absicherungen für coronabedingte Belastungen existenziell. Die Rahmenbedingungen im Bereich der Mutter-/ Vater- Kind oder Pflegenden-Maßnahmen unterscheiden sich stark von z. B. den Krankenhäusern der Akutversorgung.

1.   Eine Verlängerung des Minderbelegungsausgleichs für zumindest 50 Prozent der tatsächlichen Mindererlöse ist erforderlich. Derzeit ist die Zahl der COVID-bedingten kurzfristig absagenden bzw. abreisenden Patient*innen hoch. Aktuell liegt die Auslastung der Kliniken bei 70 bis 85 Prozent. Die Belegungszahlen werden sich bei erneut steigenden Infektionszahlen oder Infektionswellen im Winter weiter verschlechtern. Erst bei einer Auslastung von 95 Prozent ist jedoch ein wirtschaftlicher Betrieb der Kliniken möglich. Dies ist Grundlage bestehender Vergütungskalkulationen mit den Krankenkassen.

Wodurch werden Minderauslastung und Mindererlöse verursacht?

  • Bei Maßnahmen für Mutter-/Vater-Kind- oder für Pflegende ist kurzfristiges Nachrücken schwierig, da aufgrund der Familienverantwortung umfangreichere Organisationsmaßnahmen vor Antritt einer Vorsorge- oder Rehamaßnahme nötig sind. Hinzu kommt der Klärungsvorlauf mit den jeweiligen Arbeitgeber*innen. Zudem sind die Kliniken selten in der Nähe des Wohnortes der Patient*innen, so dass eine weitere Anreise organisiert werden muss.
  • Im Belegungsmanagement werden mit hohem personellem Aufwand bei Absagen/Abreisen später terminierte Familien kontaktiert. Nur in Einzelfällen ist die kurzfristige Anreise machbar. Zumeist müssen die Familien aus den genannten Gründen bei ihrem geplanten Termin bleiben und es können so Ausfälle bis zu 3 Wochen entstehen.
  •  Die Vorsorge- und Reha-Maßnahmen basieren auf ganzheitlichen therapeutischen Konzepten in einem Gruppensetting mit einer Dauer von drei Wochen. Ein nachträglicher Einstieg in die bestehenden Therapiegruppen ist aus medizinisch-therapeutischen Gründen kaum möglich.
  • Bei kurzfristigen Absagen bzw. vorzeitige Abreisen aufgrund von Corona-Infektionen sind meist mehrere Personen – Elternteile und ihre Kinder – betroffen. Hierdurch potenzieren sich die Erlösausfälle.

2.   Eine Fortführung des Hygienezuschlag in Höhe von 8 Euro rückwirkend zum 01. Juli 2022 ist unverzichtbar! Die finanziellen Belastungen aufgrund der erforderlichen Hygiene-Maßnahmen sind für die Kliniken des Müttergenesungswerks nach wie vor hoch.

Was verursacht den Aufwand und die hohen Kosten der Hygienemaßnahmen?

  • Zum Schutz der Patient*innen und des Personals sind Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von Covid-19-Infektionen unverändert erforderlich, gerade auch angesichts der aktuell hohen Inzidenzwerte. Dies bedingt erhöhte Sachkosten, aber auch erhöhten Personaleinsatz, der weitere Mehrkosten verursacht. Kosten für notwendige Hygieneanforderungen sind unstrittig durch die Krankenkassen zu finanzieren.
  • Die meisten Hygienemaßnahmen sind nur unter einem erhöhten Personaleinsatz zu erbringen:
    • In den Vorsorge- und Rehabilitationskliniken im MGW-Verbundgibt es viele therapeutische Gruppenangebote. Durch die Umsetzung von Abstandsgeboten gelten weiterhin kleinere Gruppengrößen.
    • In der Essensversorgung wurde auf zeitlich erweiterte Essenszeiten oder ein Zwei-Schicht-Systeme umgestellt, teilweise wurde ein Am-Platz-Service eingeführt.
    • Es müssen regelmäßig Gruppen- und Routine-Testungen durchgeführt werden.
  • In einigen Bundesländern verlangen die Gesundheitsämter weiterhin aufwändige Hygienemaßnahmen. 

3.   Die Kliniken im Müttergenesungswerk waren schon vor Beginn der Pandemie kaum auskömmlich finanziert. Inzwischen sind sie längst an ihrer Existenzgrenze angelangt. Die gemeinnützigen Kliniken im Verbund des Müttergenesungswerks sind im Vergleich zu Krankenhäusern klein, mit nur einem Leistungsbereich. Die Bildung von Rücklagen, um höhere Kosten und geringere Einnahmen zu kompensieren, ist aufgrund der unterfinanzierten Vergütungssätze und den Vorgaben für die Gemeinnützigkeit nicht möglich.

Es ist auch nicht realistisch, auf einen betriebswirtschaftlichen Ausgleich durch die Verhandlungen im Rahmen der Selbstverwaltung zwischen Leistungserbringern und Kostenträgern zu setzen. Die Finanzierung der Kliniken ist, anders als die der Krankenhäuser, ausschließlich über die Tagespauschalsätze geregelt, die zwischen Kliniken und Krankenversicherungen ausgehandelt werden. Die Erfahrungen in den zweieinhalb Jahren Pandemie haben gezeigt, dass ohne eindeutige gesetzliche Vorgaben zur einheitlichen Berücksichtigung der pandemiebedingten Aufwände in den Vergütungsverhandlungen, keine Verbesserungen bei den Tagessätzen erreicht werden.

 

Die ausführliche Stellungnahme zum Download. 

 

Weitere Informationen und Kontakt:

Elly Heuss-Knapp-Stiftung, Deutsches Müttergenesungswerk
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Die Elly Heuss-Knapp-Stiftung Deutsches Müttergenesungswerk (MGW) wurde 1950 von Elly Heuss-Knapp, der Frau des ersten Bundespräsidenten, gegründet. Ziel der gemeinnützigen Stiftung ist die Gesundheit von Müttern und inzwischen auch von Vätern und pflegenden Angehörigen. Unter dem Dach des MGW arbeiten fünf Wohlfahrtsverbände bzw. deren Fachverband/Arbeitsgemeinschaft (AWO, DRK, EVA, KAG, Parität) zusammen. Besonders zeichnet sich das MGW durch ganzheitlichen und gendersensiblen Kurmaßnahmen und das Konzept der Therapeutischen Kette im MGW-Verbund aus. Diese umfasst die kostenlose Beratung der Betroffenen bei über 1.000 Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände rund um die Kurmaßnahmen für Mütter und Mutter-Kind bzw. Väter und Vater-Kind sowie pflegende Angehörige, die Kurmaßnahme in den über 70 vom MGW anerkannten Kliniken und die Nachsorgeangebote vor Ort. Alle anerkannten Kliniken tragen das MGW-Qualitätssiegel. Die Stiftung steht unter der Schirmherrschaft der Frau des Bundespräsidenten, Elke Büdenbender. Das Müttergenesungswerk benötigt Spenden, z. B. zur Unterstützung einkommensschwacher Mütter und ihrer Kinder bei der Durchführung einer Kurmaßnahme, für Beratung und Nachsorgeangebote sowie für Informations- und Aufklärungsarbeit.