Nicole El Salamoni hat einen lustigen Ratgeber zum Thema Mental Load (in Comicform, 144 Seiten, erschienen im Lappan-Verlag) geschrieben und illustriert. Mit ihrem Buch möchte sie eine ganz andere, humorvolle Herangehensweise an dieses wichtige Thema ermöglichen. Mütter (und Väter) erhalten hier einen ersten Eindruck und Hilfestellungen ins Thema: in kleinen Portionen und ohne in ein langes Sachbuch eintauchen zu müssen.
Liebe Nicole, Dein humorvoller Ratgeber heißt „Ich hab ja sonst keine Hobbys!“. Wie entstand die Idee dazu? Wieviel Autobiografie steckt in Deinem Buch?
Die Idee zum Buch entstand bei einem lustigen Frauenabend. Wir unterhielten uns darüber, an was wir alles denken müssen und, dass das nicht nur unsere Aufgaben betrifft. Wir Frauen denken für mehrere Personen mit bei Themen rund um den Haushalt: Was soll gekocht werden, mag das jeder, ist alles im Haus, was muss gekauft werden. Natürlich wenn Kinder im Spiel sind: Was soll geschenkt werden, beteiligt sich jemand am Geschenk, wer treibt das Geld dafür ein, wer bringt die Kinder auf den Geburtstag, im Kindergarten Bescheid sagen, dass jemand anderes das Kind abholen darf. Rund um die Pflegearbeit für Eltern: Wie kommen sie zum Arzt, nehmen sie ihre Medikamente, wir machen das Update für ihr iPhone. Aber auch bei der Arbeit: Hat jemand an das Abschiedsgeschenk für den Kollegen gedacht, wer besorgt es, wer schreibt eine Karte, wer stellt Sekt kalt. Diese organisatorischen Arbeiten werden im Hintergrund erledigt. Meist behalten wir Frauen den Überblick und das ist unheimlich anstrengend. Mental Load, also Mitdenkarbeit, fühlt sich nicht an wie „wirkliche“ Arbeit. Mein Buch erzählt die Geschichten von vielen Frauen und Freundinnen, und auch meine. Deshalb werdet auch ihr euch darin wiederfinden.
Richtet sich Dein Buch in erster Linie an Mütter? Mental Load ist ja ein Problem, das vor allem Frauen beschreiben. Sollten sich dann nicht eher die Männer/Väter Deinen Ratgeber zur Hand nehmen?
Da auf dem Titel ein Bild zu sehen ist, mit dem sich wahrscheinlich mehr Frauen/Mütter identifizieren können, denke ich, dass es erstmal von Frauen gekauft wird. Mir ist auch wichtig, dass Frauen erkennen, woher ihre Erschöpfung kommt. Sie können sich mit den kleinen Geschichten aus dem Alltag identifizieren. Und dann mit einem Augenzwinkern ihren Partnern zeigen. Im Buch gibt es dann sehr viele Partnerübungen: Ankreuz-Aufgaben zur Arbeitsteilung, lustige (Psycho-)Tests, To-Do-Listen und Not-To-Do-Listen, Tipps zu Stolperfallen bei der Planung von Kindergeburtstagen uvm. Somit liefert es jede Menge Ansatzpunkte für Partnergespräche.
Ist für Dich Humor die wirksamere Art, sich an das Thema Mental Load zu wagen?
Ich finde, Humor ist generell eine tolle Art, mit schwierigen Themen umzugehen. Gemeinsames Lachen reduziert Spannungen, schwierige Themen werden leichter verständlich und wirken weniger anklagend. Die Menschen hören auch eher zu und erinnern sich besser, wenn sie etwas unterhaltsam finden. Humor fungiert hier als Eisbrecher und fördert den Dialog.
Wieviel Ernst steckt in Deinen humorvollen Bildern?
In jedem Witz steckt ja ein (großer) Funke Wahrheit. Wenn Satire nicht auf eine Realität bezogen werden kann, ist sie nicht witzig. In meinen Bildern ist der Ernst durch subtile Botschaften nicht zu übersehen. Sie regen zum Nachdenken an.
Viele Deiner Illustrationen beschreiben unterschiedliche Sichtweise innerhalb einer Partnerschaft auf die Aufgaben und Belastungen des Alltags. Was muss aus Deiner Sicht passieren, damit der Mental Load im Familienalltag gleichberechtigt verteilt wird?
Mental Load muss auf beiden Seiten als (wichtige) Arbeit – neben Carearbeit und Erwerbsarbeit – gesehen, anerkannt und gewürdigt werden. Dafür ist wichtig zu realisieren, wo Mental Load anfängt und, dass er sich durch alle Bereiche zieht: Partnerschaft, Haushalt, Kinder, Beruf. Die Beteiligten sollten dann ihren Teil der Verantwortung übernehmen, Aufgaben verteilen und auch von ihren „Privilegien“ zum Wohl der Partnerschaft abgeben. Weil wer zu viel Mental Load trägt, kann krank werden – sogar bis zum Burnout.
Oft hören Frauen und/oder Mütter, sie sollen ihre Ansprüche an den Partner/die Partnerin an die Qualität oder überhaupt die Erledigung der Aufgaben im Haushalt herunterschrauben, damit es weniger Konflikte gibt. Ist das aus Deiner Sicht sinnvoll?
Das Problem ist, dass nicht (gut) erledigte Aufgaben auf die Frauen zurückfallen. Kommt das Kind mit dreckiger oder unpassender Kleidung in den Kindergarten denkt kein Mensch: „Der Vater! Rabenvater! Kein Verlass auf den!“ Das ist auch der Grund, warum sich Frauen meist mehr kümmern und verantwortlich fühlen: weil sie von der Gesellschaft verantwortlich gemacht werden. Hier gilt: Die Qualität muss einen Standard erfüllen, den man gemeinsam festlegt. Natürlich sollte man dabei auch schauen: Wie geht es einfacher?
Was wünschst Du Dir in Bezug auf Mental Load im Familienalltag für die Zukunft. Was gibst Du Betroffenen mit auf den Weg?
Ich wünsche mir, dass Paare aus meinem Buch lernen, Mental Load erkennen und aktiv gegensteuern. Am Hilfreichsten ist ein wöchentliches Familien-Organisations-Gespräch. Dabei ist es wichtig, dass die verantwortliche Person eine Aufgabe komplett übernimmt und nicht wieder Teilaufgaben auf den anderen zurückschiebt. Man muss sich aufeinander verlassen können. Das funktioniert nur mit Kommunikation und Absprachen. Und das macht Partnerschaft aus.