Als Papa in einer Mütterdomäne

Der Anteil an Vätern in Kuren ist immernoch gering. Michael von papa.de erzählt, wie es ihm mit seinem Sohn unter den vielen Müttern ergangen ist.

Der nachfolgende Beitrag spiegelt meinen Erfahrungsbericht zu einer Kur, welche nicht über das Müttergenesungswerk bezogen wurde. Seht, was beim MGW anders ist und warum es sich empfiehlt, in diesem Rahmen eine Kurmaßnahme wahrzunehmen!

Mein Name ist Michael Schöttler, ich bin 40 Jahre alt und Betreiber von papa.de Deutschlands größtes Papa Portal. Ich habe zwei Söhne, wovon einer schon von Anfang an mit einem Sprachfehler aufgewachsen ist. Mit sieben Jahren wurde dann bei ihm noch eine Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) festgestellt.

Aus diesem Grunde besuchte er Ende 2019 eine vierwöchige Reha auf Rügen. Ich teilte mir den Aufenthalt mit der Mutter meines Sohnes. Sie nahm die ersten zwei Wochen, ich die nachfolgenden zwei.

Als Papa in einer Mütterdomäne

Im Vorfeld habe ich mir ehrlich gesagt relativ wenig Gedanken darüber gemacht, was mich denn auf der Reha alles erwarten würde. Mir war wichtig, dass meinem Sohn geholfen werden würde. Schließlich mussten wir ihn für die Zeit aus der Schule nehmen und mir war klar, dass der Aufenthalt kein Urlaub werden würde.

Als ich also nach knapp dreistündiger Autofahrt angekommen war, war gerade Mittagszeit. Mein Sohn erwartete mich schon sehnsüchtig und nach einer kurzen liebevollen Begrüßung erhielt ich eine mehr als einstündige Einweisung von der Mama meines Sohnes.  Hier wurde mir schon das erste Mal bewusst, dass ein Wechsel in den vier Wochen nicht unbedingt positiv ist.

Ich versuchte mir also alle Zeiten und Orte zu merken und was ich sonst noch so zu beachten hatte. Bei der Führung durch das Gelände bemerkte ich dann das erste Mal, dass ich nur Mütter sah mit ihren Kindern. Weit und breit war kein Mann zu sehen.

Nachdem Frau Mama dann abgefahren war, hieß die erste Einheit, die ich nun alleine mit meinem Sohn anging, gemeinschaftlicher Sport. Hier lernte ich den Rest der Gruppe kennen, 10 Mütter und einen weiteren Vater. Von 12 Kindern in der Gruppe gab es also nur zwei Väter welche die Betreuung übernahmen. In der Parallelgruppe waren es sogar 100% Mütter. Es gab dann noch einen vereinzelten Vater in einer Gruppe, so dass auf dem gesamten Gelände drei Väter unter all den Müttern herumtingelten.

Wieso waren es nur so wenige?

Bei meiner täglichen Arbeit an papa.de bekomme ich mit, wie viele Väter sich heutzutage aktiv in die Erziehung der Kinder einbringen und auch aktiv einfordern. Ich muss zugeben, dass ich sehr überrascht war, hier nicht einmal einen Anteil von 10 % Vätern zu haben. 

Ich habe mich in der Zeit natürlich intensiv mit den anderen Elternteilen ausgetauscht und auch hinterfragt, warum denn der Papa nicht gefahren ist.

Als Antworten habe ich unter anderem erhalten:

  • getrennt lebend und der Vater sieht die Kinder nur sehr wenig oder gar nicht
  • aus finanziellen Gründen konnte der Papa nicht fahren, da er wesentlich mehr als die Mama verdient und der finanzielle Verlust zu groß gewesen wäre
  • mehrere Mütter gaben ehrlich zu, dass sie fahren wollten und dass einfach auch so von Anfang an festgelegt hatten
  • bei zwei Vätern ging es Job-technisch nicht

Bei meinem „Leidensgenossen“, dem anderen Papa, war es in der Tat auch so, dass der Arbeitgeber zunächst ziemlich überfordert war. Es war der erste Mann im Betrieb, der so eine Reha in Anspruch genommen hatte und die verwaltungstechnischen Aufgaben und Abläufe waren dem Betrieb gar nicht bekannt.

Väter bringen der Reha Mehrwert

Dass Väter wichtig für die Reha sind, haben wir besonders in den Elternsprechstunden und Runden mitbekommen. In diesen Einheiten geht es vor allem darum, den Eltern etwas beizubringen und Sachverhalte zu erläutern. Dabei wird ganz oft auch nach der Herangehensweise, Erziehungsmethode und Vorstellung der anwesenden Eltern gefragt. Gerade hier haben wir als Väter halt oft ganz andere Ansatzpunkte als die Mütter. Diese andere Sichtweise ist es aber auch, was den Diskussionen eben wieder eine neue Richtung bringt. Die Rückschlüsse und Erkenntnisse sind neue und somit ist bei einer 100% Mamaquote die Sichtweise zu einseitig.

Natürlich haben wir Eltern uns gegenseitig auch abseits der Pflichttreffen ausgetauscht. Und so war es schon ein Mehrwert für einige Mamas mal die Sichtweise anderer Papas zu hören. Andersrum möchte ich auch keine 100% Papaquote, da ich sehr profitiert habe von den Sichtweisen der anwesenden Mütter.

Intensive und wertvolle Zeit

Obwohl ich nur 14 Tage dort war, möchte ich die Zeit nicht missen. Sie war anstrengend und intensiv. Definitiv kein Erholungsurlaub, hat meinem Sohn und mir aber viel gebracht. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass mehr Väter das Angebot der Kuren annehmen. Wenn es nicht um die Kinder geht, dann vor allem für dich selbst, um ihre eigenen Beschwerden zu lindern, aber auch um die Beziehung zu ihren Kindern zu stärken.

Hinweis:

Was ist beim Müttergenesungswerk anders als bei Michael?

Michaels Sohn hat eine Kinder- /Jugendreha gemacht. Seine Mutter und sein Vater waren abwechselnd als Begleitperson dabei.

Das Müttergenesungswerk (MGW) bietet in über 70 Kliniken Mutter-Kind-Kuren und in 20 parallel auch Vater-Kind-Kuren als Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahmen an. Es geht bei diesen Maßnahmen um die Erkrankungen der Mutter bzw. des Vaters. Das Kind / die Kinder müssen nicht krank sein, aber sie können mitgenommen werden. Gegebenenfalls erhalten Kinder auch eigene medizinische Anwendungen – am besten sollte dafür immer ein Attest von der Kinderarztpraxis vorliegen.

In den Maßnahmen für Mütter oder Väter gibt es für die Erwachsenen immer medizinische, physiotherapeutische und sozialpsychologische Therapien. Und: es gibt immer auch Therapien gemeinsam mit dem Kind/den Kindern, um die Vater-Kind- / bzw. Mutter-Kind-Beziehung zu stärken.

Daneben gibt es für die Kinder qualifizierte Kinderbetreuung sowie unterschiedliche Formen von schulischer Begleitung. Die Vater-Kind-Kur / Mutter-Kind-Kur dauert immer 3 Wochen.

In MGW-Kliniken wird gendersensibel gearbeitet. D.h. Väter werden nicht alleine, sondern in einer Vater-Kind-Gruppe aufgenommen,  für sie gibt es väterspezifische Therapien. Parallel finden in den Kurkliniken meist Mutter-Kind-Kuren statt, die Mütter haben eigene Therapien.

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