Gesundheit von Müttern, Vätern und pflegenden Angehörigen stärken 6 Forderungen des Müttergenesungswerks für den Koalitionsvertrag

Vor dem Hintergrund der laufenden Koalitionverhandlunen appelliert das Müttergenesungswerk an die Verhandlungsparteien, die gesundheitlichen Bedürfnisse von Müttern, Vätern und pflegenden Angehörigen im Koalitionsvertrag zu berücksichtigen und darin zu verankern.

Mütter, Väter und pflegende Angehörige benötigen unbedingt ein verlässliches Netzwerk an gesundheitserhaltenden und -fördernden Angeboten und Maßnahmen, durch die Belastungen ausgeglichen und weitergehende gesundheitliche Folgen verhindert bzw. verringert werden können. Die stationären medizinischen Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen im Müttergenesungswerk (MGW) gehören zu diesem spezifischen Gesundheitsangebot für Mütter, Väter und Pflegende. Ein integriertes System aus Beratung vor der Kur, stationärer Maßnahme und Nachsorgeangeboten ermöglicht einen niedrigschwelligen Zugang, unterstützt individuell und wirkt nachhaltig durch ein umfassendes Angebot auch nach der stationären Maßnahme. Der nachhaltige Nutzen dieser Angebote kommt der teilnehmenden Patient*in und der Gesellschaft insgesamt zu Gute.

Um Mütter-/Mutter-Kind-, Väter-/Vater-Kind-Maßnahmen und Maßnahmen für pflegende Angehörige langfristig sicherzustellen und die Einrichtungen zu erhalten, ist die Politik dringend gefordert.

Als Dachorganisation und bundesweite Interessenvertretung für die Gesundheit von Müttern, Vätern und pflegenden Angehörigen in Deutschland fordert das Müttergenesungswerk deshalb im Einzelnen:

1. Nationales Gesundheitsziel „Gesundheit der Sorge-Verantwortlichen – Mütter, Väter und pflegende Angehörige“ erarbeiten

Die Gesundheit und das Wohlbefinden von Müttern, Vätern und Pflegenden ist in den bestehenden Nationalen Gesundheitszielen bislang nicht ausreichend berücksichtigt. Die Entwicklung eines Gesundheitsziels „Gesundheit der Sorge-Verantwortlichen – Mütter, Väter und pflegende Angehörige“ ist aus diesem Grund notwendig, um entsprechende Empfehlungen und Maßnahmen zu entwickeln und die Beteiligten zur Umsetzung zu verpflichten. Zudem wird die Anerkennung der Bedeutung der Zielgruppe und ihrer Bedürfnisse bei den politischen Entscheidungsträger*innen signalisiert.

2. Vor- und nachstationäre Beratung durch Finanzierung der Beratungsstellen sicherstellen

Die nachhaltige Wirkung der stationären medizinischen Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen für Mütter, Väter und pflegende Angehörige wird maßgeblich durch ein niedrigschwelliges Beratungsangebot vor und nach der Kur gewährleistet. Die Finanzierung dieser Leistung ist bisher nicht sichergestellt und führt zu einem Rückgang der Zahl der Beratungsstellen bei den Wohlfahrtsverbände und damit der vorhandenen Beratungskapazitäten. Die Folgen sind ein erschwerter Zugang zu einer Kurmaßnahme für Mütter, Väter und Pflegende sowie eine verminderte Langzeitwirkung der Maßnahme aufgrund fehlender Nachsorgeangebote. Eine gesetzlich geregelte Finanzierung durch die Krankenkassen ist deshalb dringend erforderlich.

3. Wunsch- und Wahlrecht der Patient*innen stärken

Mütter, Väter und pflegende Angehörige haben bei medizinischen Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen das Wunsch- und Wahlrecht bei der Auswahl der Klinik (§ 8 SGB IX). Es ist jedoch gängige Praxis bei den Krankenkassen, die Auswahl auf wenige Kliniken zu beschränken, ohne zum Wunsch- und Wahlrecht zu beraten. Die Berücksichtigung besonderer Lebenssituationen und Bedürfnisse der Versicherten bei der Einrichtungsauswahl ist ebenso wie die Abstimmung auf individuelle Bedarfe jedoch zentral für die erforderliche Compliance und damit den Erfolg der angestrebten Kurmaßnahme. Es ist erforderlich, dass der Gesetzgeber mit Nachdruck darauf hinwirkt, dass der Anspruch aus § 8 SBG IX vollständige Berücksichtigung findet.

4. Patient*innenrechte stärken durch verbindliche ärztliche Verordnung

Weiterhin können Krankenkassen über die Bewilligung der Verordnungen von Vorsorge- und Rehamaßnahmen entscheiden. Die Zahl der erfolgreichen Widersprüche gegen die Ablehnungsbescheide zeigt, dass die Ablehnungen meistens nicht ausreichend begründet sind. Um den Zugang zu den Kurmaßnahmen zu erleichtern, sollen die Verordnungen der Ärzte/Ärztinnen verbindlich sein und Krankenversicherungen nur aufgrund eines Gutachtens des MDK davon abweichen.

5. Pflegenden Angehörigen Zugang zu Vorsorgemaßnahmen erleichtern

Pflegende Angehörige müssen wie Mütter und Väter direkten Zugang zu stationären medizinischen Vorsorgemaßnahmen haben. Der Vorrang ambulanter Maßnahmen ist nicht sachgerecht. Wie bei der Regelung für die medizinische Vorsorge für Mütter und Väter, die sich in der Praxis bewährt hat, sollte ein frühzeitiger und niedrigschwelliger Zugang zur stationären Kurmaßnahme durch die Aufhebung des Grundsatzes “ambulant vor stationär” sichergestellt werden. Aufgrund der hohen Belastungen im Alltag der pflegenden Angehörigen benötigen diese stationäre Vorsorgeleistungen fernab der täglichen Pflegesituation.

6. Finanzierungsgrundlage der Kliniken für Vorsorge- und Rehamaßnahmen verbessern

Kliniken, die Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen für Mütter, Väter und pflegende Angehörige anbieten, werden derzeit nicht leistungsgerecht vergütet. Die Tagessätze entsprechen nur etwa zwei Drittel der Tagessätze für allgemeine Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen (InterVal GmbH; BIAG GmBH, Hrsg. 2021, S. 187). Die Umsetzung der im Gesetz zur Stärkung der intensivpflegerischen Versorgung und Rehabilitation (IPReG) geforderten Verpflichtung zu Verhandlungen zwischen Leistungserbringern und Kostenträgern sollte von den politischen Entscheidungsträger*innen beobachtet werden, um bei Bedarf weitere Steuerungsmaßnahmen gesetzlich festzulegen.

Oktober 2021

 

Unsere Vorschläge zur Umsetzung der dargestellten Forderungen finden Sie in der Langfassung. 

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